Christian Kracht: Imperium – Ironie und Rassismusdebatte

Kontroversen ist der schweizerischer Autor ja gewohnt, und man wäre wohl blauäugig, würde man behaupten, Christian Kracht trage nicht auch immer wieder mit Kalkül dazu bei. Was allerdings angesichts seines jüngsten Roman „Imperium“ in Form eines Spiegel-Artikels über ihm einbrach, hätte er so vermutlich auch nicht erwartet.

Schon im Vorfeld gab es Ärger um seinen ironischen Abenteuerroman aus der wilhelminischen Kolonialzeit. Das ganze Buch sei „durchdrungen von einer rassistischen Weltsicht“, schrieb Autorenkollege Georg Diez im „Spiegel“ und sorgte damit für massive Empörung. Offenbar hatte er die Grundregeln der Literaturkritik vergessen und Christian Kracht einfach mal mit der Hauptfigur verwechselt.

Denn diese, basierend auf einer realen historischen Gestalt, wandelt sich vom spleenigen Aussteiger im Verlauf der Geschichte zum handfesten Antisemiten, doch Derartiges auf den Autor selber zu übertragen, zeugt nicht wirklich von vorurteilsfreiem und reflektiertem Umgang mit Literatur.

Dass „Imperium“ zudem von einem für Kracht untypisch hohen Ironieanteil begleitet wird, spricht noch weniger für den Rassismusvorwurf. August Engelhardt zieht es zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Südsee, von wo aus er ein Weltreich der Vegetarier und Nudisten ins Leben rufen will. Erst einmal gründet er aber die Religion des Kokovorismus, die, man ahnt es schon, die Kokosnuss verehrt, deren Verzehr langfristig unsterblich machen soll.

Der Verlag wehrte sich am 17. Februar in einem offenen Brief an die Spiegel-Chefredaktion gegen den Vorwurf und listete mit Elfriede Jelinek, Daniel Kehlmann, Benjamin von Stuckrad-Barre und anderen illustren Namen gleich eine ganze Riege von prominenten Unterzeichnern auf, die sich alle für Kracht aussprachen.

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Christian Kracht: Imperium
256 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-462-04131-6
Euro 18,99Similar Posts:

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