Die ganze Arbeit ist ein Spiel

Berlin – Ein großes Online-Rollenspiel wie «World of Warcraft» richtig zu lernen, ist fast Arbeit: eine ganze Welt voller Gegner mit Stärken und Schwächen. Dazu kommen zahlreiche Zaubersprüche, alle mit anderen Eigenschaften.

Millionen von Spielern machen sich freiwillig diese Mühe – und haben Spaß dabei. Wäre es nicht toll, wenn die Arbeit ebenso viel Spaß machen würde? Das ist die Idee hinter Gamifizierung oder Gamification im Berufsleben.

Dabei werden kleine Tricks und Mechanismen, mit denen Computerspiele ihre Nutzer motivieren und erziehen, ins Berufsleben übertragen. «Im Prinzip funktioniert das überall, wo menschliche Verhaltensweisen beeinflusst werden sollen», sagt Mario Herger, der verschiedene Unternehmen beim Einsatz von Gamification berät.

«Die Idee ist im Grunde nichts Neues», sagt Herger. «Ränge, Posten oder Statussymbole im Unternehmen sind im Grunde nur Belohnungen für Erreichtes, das gibt es in Spielen auch.» Auch außerhalb des Berufslebens gab und gibt es zahlreiche Beispiele für Gamifizierung. Das reicht vom Punkte- oder Meilensammeln der Bonusprogramme von Geschäften und Fluglinien bis zu dem Fortschrittsbalken, mit dem Netzwerke wie Xing und Linkedin ihre Nutzer motivieren, ihr Profil möglichst vollständig auszufüllen.

Auch wenn es sie schon länger gibt, ein Trendthema für die Arbeitswelt ist Gamifizierung erst seit ein paar Jahren. Das liegt auch an der Digitalisierung mit ihren Apps und Web-Plattformen, durch die es mehr Möglichkeiten zum Einsatz solcher Methoden gibt.

Wie diese Gamifizierung genau aussieht, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Für Aus- und Fortbildung setzen viele Unternehmen zum Beispiel schon lange auf komplette Spiele. Möglich ist aber auch, nur Belohnungen wie Trophäen, Abzeichen oder Levelaufstiege aus der Spielwelt zu übernehmen und diese zum Beispiel im Intranet abzubilden.

Nicht immer muss es für spielerisches Arbeiten gleich ein aufwendiges 3D-Spiel oder eine riesige Plattform mit bunten Abzeichen sein. «Gut gemachte Gamification gibt erst einmal die Motivation, sich mit dem jeweiligen Gegenstand zu beschäftigen», erklärt Jan Hense, Professor für Psychologie an der Universität Gießen. Einfach nur Punkte zu vergeben, sei zwar noch keine richtige Gamifizierung. Gemeinsam mit einem Fortschrittsbalken könnten sie jedoch Wunder wirken, weil die Punkte so mit einem Ziel verknüpft werden.

Wichtig ist, dass die Gamification zum Nutzer passt. «Welche Spielemechanismen wie eingesetzt werden, sollte nutzerabhängig erfolgen, beobachtet und angepasst werden», sagt Michael Ameling, Forschungsmanager bei SAP. SAP berät andere Unternehmen beim Einsatz von Gamifizierung, setzt die Methoden aber auch intern ein. Wer sich zum Beispiel auf der SAP-eigenen Community-Plattform SCN engagiert, bekommt Punkte oder steigt im Level auf. «Dort hat die Einführung von Gamification zu einer Aktivitätssteigerung von über 300 Prozent geführt», sagt Ameling.

Abseits solcher Beispiele ist Gamifizierung in Deutschland aber noch nicht so weit verbreitet wie anderswo – etwa in den USA. Psychologe Jan Hense glaubt, dass sich nicht jeder Trick und jede Idee der Gamifizierung durchsetzen wird: «Ich gehe davon aus, dass da wie zum Beispiel beim E-Learning irgendwann eine Phase der Ernüchterung folgt», sagt er. «Es wird aber sicher etwas davon bleiben, ganz verschwinden wird das nicht.»

Fotocredits: Andrea Warnecke,Andrea Warnecke,Andrea Warnecke,Andrea Warnecke
(dpa/tmn)

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(dpa)