Taryn Simon: Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie

Spätestens mit ihrer Bilderserie „The Innocents“ über unschuldig zum Tode Verurteilte wurde die New Yorker Fotokünstlerin Taryn Simon zu einer der wichtigsten Vertreterin ihrer Zunft. Mit der skandalösen Hinrichtung von Troy Davis bekommen gerade diese Arbeiten derzeit eine besondere Aktualität. Die Neue Nationalgalerie Berlin stellt derzeit ihr neuestes Projekt vor.

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Unter dem langen und etwa sperrigen Titel „A living man declared dead and other chapters I – XVIII“ verbirgt sich eine ambitionierte Fotoserie, für die Taryn Simon in den Jahren von 2008 bis 2011 rund um den Globus gereist ist. In 18 Kapiteln werden Geschichten von Menschen erzählt, die auf ungewöhnliche und schicksalhafte Weise miteinander verbunden sind.

24 Länder hat sie besucht und detailgenau recherchiert. Die Themen reichen dabei von ukrainischen Waisenkindern über befeindete brasilianische Familien bis zu vermeintlich lebenden Toten in Indien. Die Verbindungslinien selber haben mit territorialen Ansprüchen zu tun, politischen Machtstrukturen, Religion und Weltanschauung, aber zugleich immer auch mit den psychischen Dispositionen der porträtierten Menschen.

Die Anordnung eines jeden Kapitels ist streng und ebenso nüchtern wie die Bilder selber. Porträtfotografien mit Blutsverwandten sind chronologisch angeordnet, begleitet von einer Texttafel mit Hintergrundinformationen. Rechts daneben finden sich eigens so bezeichnete „Fußnoten-Bilder“, die fragmentarisch weitere Elemente der jeweiligen Geschichte dokumentieren.

Einen Fall aus Deutschland gibt es auch. Hitler-Berater Hans Frank wird unter anderem mit Abbildungen seines Arbeitszimmers und einem Tagebucheintrag zum Holocaust dargestellt. In der Reihe seiner Blutsverwandten gibt es vor allem leere Rahmen, denn viele Angehörige wollten sich verständlicherweise nicht fotografieren lassen.

Die Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie Berlin läuft bis zum 1. Januar 2012, danach geht sie ins New Yorker MOMA. Zuvor gab es sie bereits in der Tate Modern zu sehen.

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Neue Nationalgalerie
Potsdamer Str. 50, 10785 Berlin

Öffnungszeiten:
Di, Mi, Fr bis So 10 bis 18 Uhr, Do 10 bis 22 Uhr

Eintritt Sonderausstellung:
Regulär 8, ermäßigt 4 EuroSimilar Posts:

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