Krebs wird in reichen Ländern zur häufigsten Todesursache

Paris – Bei den 35- bis 70-Jährigen einiger reicher und aufstrebender Länder hat Krebs inzwischen die Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Haupttodesursache abgelöst. Dieses Studienergebnis wurde beim Europäischen Kardiologie-Kongress (ESC) in Paris vorgestellt.

Die Welt erlebe einen entscheidenden Wandel bei den Nichtübertragbaren Krankheiten: Da Herz-Kreislauf-Erkrankungen in vielen Ländern weiter zurückgehen, dürfte Krebs in einigen Jahrzehnten weltweit die häufigste Todesursache werden, hieß es zu den im Fachmagazin
«Lancet» veröffentlichten Daten. Es gelte, nationale Gesundheitsstrategien daran anzupassen.

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind den Forschern zufolge in reichen Ländern seit etwa einem halben Jahrhundert die häufigste Todesursache. Insgesamt waren Herz-Kreislauf-Leiden auch nach der neuen Analyse weiter die Haupttodesursache: 40 Prozent der erfassten Todesfälle hatten einen kardiovaskulären Hintergrund.

Unter den 35- bis 70-Jährigen in vermögenden Staaten gibt es im Mittel aber inzwischen etwa doppelt so häufig Todesfälle durch Krebs wie durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Als reiche Länder gelten bei der sogenannten «PURE»-Untersuchung beispielsweise Kanada oder Schweden. Deutschland oder Österreich waren in die Analyse nicht einbezogen. Als Länder mit einem mittleren Einkommen werden beispielsweise China, Polen und die Türkei geführt, als arme Länder Indien und Tansania.

In Deutschland ist Krebs nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen derzeit die zweithäufigste Todesursache. 90 Prozent der jährlich rund 230.000 Krebstodesfälle gehen dabei nicht auf den Primärtumor, sondern auf Metastasen zurück – die oft schwer zu bekämpfen sind. Etwa 500.000 Krebsneuerkrankungen werden in Deutschland jedes Jahr registriert. Das Erkrankungsrisiko nimmt bei vielen Krebsarten mit zunehmendem Alter zu – damit steigen in der älter werdenden Gesellschaft Deutschlands die Fallzahlen. Experten gehen von einer Zunahme auf bis zu 600.000 Neuerkrankungen pro Jahr bis 2030 aus.

Für die in Paris vorgestellten Studien waren Daten von rund 160.000 Menschen im Alter von 35 bis 70 Jahren aus 21 Ländern analysiert worden. Mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängende Todesfälle gibt es bei dieser Altersgruppe demnach in ärmeren Ländern rund zweieinhalb mal häufiger als in reichen Staaten – obwohl in den vermögenden Industrieländern wesentlich mehr Risikofaktoren für solche Krankheiten existieren.

Ursache sei wahrscheinlich die schlechtere Gesundheitsversorgung in armen Ländern, erläutern die Forscher um Salim Yusuf von der McMaster Universität in Hamilton und Gilles Dagenais von der Universität Laval in Quebec (Kanada). Global spielten vermeidbare Faktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel und Bluthochdruck eine große Rolle bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, in ärmeren Ländern auch Probleme wie verschmutzte Luft im Haushalt und Mangelernährung.

Auch wenn die Datenbasis groß sei, sei bei der Interpretation der Daten Vorsicht geboten, erklären die Forscher. Für alle Länder der Erde generalisieren ließen sich die Ergebnisse nicht, unter anderem weil bei «PURE» West- und Nordafrika sowie Australien nicht berücksichtigt seien.

Fotocredits: Bernd von Jutrczenka
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(dpa)