Die Deutschen leben ungesund

Berlin – Auto statt Fahrrad, Fernsehen statt Spaziergang, Bürostuhl statt Werkbank: Die Deutschen sitzen bedenklich oft rum. Unter den Bundesbürgern gibt es immer mehr Bewegungsmuffel, wie aus einer Umfrage im Auftrag der DKV Deutsche Krankenversicherung hervorgeht.

Nur noch 43 Prozent der Befragten erreichten das empfohlene Mindestmaß an körperlicher Aktivität. Der Wert sei in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken – 2010 lag er noch bei 60 Prozent. «Es ist ein trauriges Ergebnis», sagte Studienleiter Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln.

Für den
Report wurden fast 2900 Deutsche interviewt – nicht nur zum Thema Bewegung, sondern auch zu ihrer Gesundheit, zu Ernährung, Alkohol, Rauchen, Stress, Lärmempfindlichkeit, Einsamkeit und Regeneration. Es ist die fünfte Befragung dieser Art seit 2010. In der Summe ergibt sich das Bild einer Gesellschaft, die sich für gesund hält, in Wahrheit aber träge geworden ist – und mitunter ernsthafte Probleme hat, mit Stress umzugehen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

(Un)Gesunde Lebensweise

Mehr als die Hälfte der Befragten (61 Prozent) stuft ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut ein. Das steht in einem krassen Missverhältnis zur Zahl der Menschen, die nach Einschätzung der Experten tatsächlich von sich behaupten können, rundum gesund zu leben. Das seien nämlich nur neun Prozent – sie haben genügend Bewegung, rauchen nicht, ernähren sich passend, trinken wenig Alkohol und haben einen gesunden Umgang mit Stress. Der Wert sei ein neuer Tiefpunkt. 2010 erreichten immerhin noch 14 Prozent die Zielwerte.

Bewegung

Als ein Hauptproblem der Deutschen machen die Forscher mangelnde Bewegung aus. Als Maßstab legen sie dafür die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an. Erwachsene sollten demnach pro Woche mindestens 150 Minuten moderater Aktivität – zum Beispiel zügiges Gehen – oder 75 Minuten intensiver Aktivität nachgehen, etwa Joggen. Das schaffen mit 43 Prozent aber weniger als die Hälfte. Jeder Zehnte gab in der Befragung an, überhaupt keiner körperlichen Aktivität nachzugehen, die länger als zehn Minuten am Stück andauert.

Studienleiter Ingo Froböse führt das Bewegungsdefizit auf zwei Entwicklungen zurück: Zum einen werde heute weniger körperliche Arbeit verrichtet, zum anderen habe auch der Sport in der Freizeit nachgelassen. Fast 80 Prozent der Befragten machen außerhalb des Jobs nicht genug, um das Mindestmaß zu schaffen. Sie gehen etwa nicht häufig genug zu Fuß oder fahren Fahrrad, um von A nach B zu kommen.

Dafür sind die Deutschen ein Volk der Vielsitzer. Auf fast acht Stunden summieren sich im Durchschnitt die Sitzzeiten an Werktagen – bei der Arbeit, aber auch am Fernseher, am Computer oder im Auto. Männer sitzen dabei länger als Frauen, Alte insgesamt weniger als Jüngere. Beim Fernsehen ist der Trend allerdings umgekehrt: Je älter die Befragten, desto länger hocken sie vor der Glotze.

Regeneration

Die Studie stellt fest, dass sich die Befragten am Anfang der Woche regenerierter fühlen als am Ende der Arbeitswoche. In Jobs mit höherem Gehalt fällt die Kurve steiler nach unten, das heißt: Menschen, die mehr verdienen – ab 2500 Euro Haushaltsnettoeinkommen -, fühlen sich am Ende der Woche tendenziell weniger regeneriert als Menschen mit einem geringerem Einkommen. Auffällig ist die Zahl der Deutschen, die es so gut wie nie schaffen, frisch in den Tag zu starten – immerhin elf Prozent. «Ich glaube, dass wir in unserer Gesellschaft aktuell kein Belastungsproblem haben, sondern wir haben ein Regenerationsproblem», sagte Studienleiter Froböse. Viel zu selten nutzten die Deutschen körperliche Aktivität als Ausgleich zu Belastung und Stress. «Sie lassen sich viel zu sehr ablenken – vom Fernsehen, von digitalen Medien. Aber das bedeutet keine Regeneration.»

Alkohol und Rauchen

Die erfreuliche Botschaft aus Sicht der Gesundheitsexperten: In Deutschland gibt es immer mehr Nichtraucher. Nur noch 21 Prozent greifen demnach zur Zigarette. Und immerhin 82 Prozent trinken laut Umfrage gar nicht oder nur gelegentlich Alkohol. Auffällig dabei aber: Je mehr die Befragten verdienen, desto häufiger heben sie das Glas.

Fotocredits: Christoph Schmidt
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