Zocken als Traumatherapie: Tetris könnte Patienten helfen

London – Nach einer traumatischen Erfahrung wie einem Autounfall könnte es Patienten womöglich helfen, Tetris oder ein ähnliches Computerspiel zu spielen. Zu diesem Schluss kommen Forscher aus Großbritannien und Schweden in einer Studie.

Die Analyse zeige nicht, dass man auf diese Weise posttraumatische Belastungsstörungen verhindern könnte, betonte der Berliner Psychologe Stefan Röpke, der nicht an der Studie beteiligt war. «Sie hat nur gezeigt, dass man einzelne Symptome dafür in der Woche nach dem traumatischen Ereignis abschwächen kann.»

Die Untersuchung gehe aber in die richtige Richtung: Bislang gebe es kaum Möglichkeiten, psychische Krankheiten nach traumatischen Erlebnissen zu verhindern. «Die Idee dahinter ist sehr gut, weil sie so massenanwendbar ist», sagte Röpke. Schließlich könne jeder Spiele wie Tetris oder Candy Crush auf dem Handy spielen. Das wäre weniger aufwendig und wesentlich günstiger als eine Therapie.

In ihre Studie, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift «Molecular Psychiatry» veröffentlicht sind, hatten die Wissenschaftler 71 Patienten einbezogen, die nach einem traumatischen Verkehrsunfall in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Oxford warteten. Eine Gruppe spielte innerhalb von sechs Stunden nach dem Unfall 20 Minuten lang Tetris. In der darauffolgenden Woche sollten die Patienten in einer Art Tagebuch alle sich aufdrängenden Erinnerungen an den Unfall notieren.

Das Ergebnis: Die Patienten, die kurz nach dem traumatischen Erlebnis Tetris gespielt hatten, mussten viel weniger an den Unfall denken als die Patienten in der Kontrollgruppe. Die Zahl einströmender Erinnerungen habe bei ihnen um 62 Prozent niedriger gelegen, erklärten die Forscher. Außerdem hätten sie die Gedanken als weniger bedrückend empfunden.

«Eine kurze psychologische Intervention, die Tetris beinhaltet, bietet eine kognitive «therapeutische Impfung», die kurz nach einem traumatischen Ereignis verwendet werden könnte, um das Auftreten eindringlicher Erinnerungen an das Trauma in der folgenden Woche zu mindern», sagte Lalitha Iyadurai von der Universität Oxford.

Weil es sich um eine sogenannte Proof-of-Concept-Studie mit nur wenigen Patienten handelt, kann sie nur erste Hinweise liefern, ob eine solche Therapieform sinnvoll sein könnte. Zwar hätten die Patienten, die Tetris gespielt hätten, in der Woche nach dem Unfall weniger negative Gedanken gehabt, sagte Röpke, Leiter des Bereichs Persönlichkeitsstörungen, Posttraumatische Belastungsstörung am Campus Benjamin Franklin der Charité in Berlin. «Nach vier Wochen waren aber unter beiden Bedingungen genauso viele krank.»

Fotocredits: Karl-Josef Hildenbrand
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