Die digitale Zukunft analoger Jobs

Köln – Roboter mit künstlicher Intelligenz, vernetzte Fabriken und jede Menge Daten: Dass die Digitalisierung Leben und Wirtschaft gründlich verändern wird, ist eine Binsenweisheit. Auch in der Arbeitswelt wird kaum ein Stein auf dem anderen bleiben, sagen Experten.

Für Softwareentwickler und Maschinenbauer ist das nachvollziehbar. Aber müssen sich auch Orchestermusiker und Lehrer auf die Digitalisierung einstellen? Eine kleine Rundschau durch die digitale Zukunft einst analoger Jobs:

Dachdecker mit Drohnen: Im Kleinen ist die Digitalisierung in vielen Dachdeckerbetrieben schon angekommen. GPS-Systeme für den Weg zum Einsatzort, Apps zur Zeiterfassung oder als Lernspiel für Azubis sind zum Beispiel weit verbreitet, sagt Karl-Heinz Schneider, Dachdeckermeister und Präsident des Branchenverbands ZVDH. Die Digitalisierung gibt den Dachdeckern aber noch mehr Möglichkeiten: Bevor sie wirklich auf ein Dach steigen, können sie zum Beispiel erst eine Drohne fliegen lassen.

«Drohnen reduzieren bei der Inspektion der Dächer den Aufwand erheblich», erklärt Schneider. Denn die sogenannten Multikopter sind mit einer Kamera ausgestattet, die hochauflösende Bilder auf Notebook oder Tablet sendet. So sieht der Dachdecker selbst kleinste Risse und andere Probleme, ganz ohne teuren Gerüstbau.

Callcenter ohne Telefon: «Wir stehen erst ganz am Anfang», sagt Walter Benedikt aus dem Vorstand des Call Center Verbands (CCV) zur Digitalisierung in seiner Branche. Künftig wird es in Callcentern nicht mehr nur ums Telefonieren gehen, sagt er, sondern um alle Kanäle, vom Chat über Videotelefonie bis zu sozialen Netzwerken. «Wir müssen da sein, wo die Kunden sind.» Dass der Service per Telefon deswegen ganz ausstirbt, glaubt er aber nicht. «Wenn es schnell gehen muss, ist das noch immer der beste Kanal.»

Auch die Fragen, die auf den verschiedenen Kanälen gestellt werden, verändern sich durch die Digitalisierung. «Einfache Probleme gibt es nicht mehr», sagt Benedikt. «Niemand ruft heute mehr irgendwo an, um sich nach Öffnungszeiten zu erkundigen.» Stattdessen geht es zum Beispiel um Tarife für Strom oder Telekommunikation, die immer individueller werden. Die Anforderungen an Servicefachkräfte oder -kaufleute steigen deshalb merklich, so Benedikt.

Lehrer mit mehr Möglichkeiten: Für Lehrer sind digitale Technologien zunächst ein weiteres Medium zur Unterrichtsgestaltung. Schüler können Aufgaben zum Beispiel direkt in Apps oder am Computer lösen. Und Lehrer sehen damit besser, was jeder Schüler kann. «Lehrer haben so mehr Möglichkeiten, Lerninhalte zu individualisieren», sagt Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). «Auch Feedback oder Tests lassen sich so besser auf den einzelnen Schüler abstimmen.»

Bis das wirklich geht, müsse allerdings noch einiges passieren. «Es fehlt in den Schulen noch an Infrastruktur», sagt Beckmann. Gemeint ist damit nicht nur die Hardware. Viele Schulen haben auch noch kein WLAN, viele Lehrer keine Dienstrechner oder eine dienstliche E-Mail-Adresse, so der Experte. «Ohne das lassen sich aber die hohen Anforderungen an Datenschutz zum Beispiel gar nicht erfüllen.»

Musiker mit Chancen und Risiken: Instrumente bleiben auch im Zeitalter der Digitalisierung meist analoge Geräte aus Holz und Metall. Musiker haben heute allerdings die Chance, mehr Zuhörer als je zuvor zu erreichen. Selbst Sinfonieorchester haben heute eigene YouTube-Kanäle. Und die Berliner Philharmoniker betreiben für ihre Musik unter www.digitalconcerthall.com sogar eine eigene Plattform.

Gleichzeitig stellt die Digitalisierung Musiker vor Probleme. Zwar gibt es inzwischen neue Erlösmodelle wie Download-Plattformen für Songs oder Streamingdienste. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass auch der einzelne Künstler etwas davon hat, warnt die Deutsche Orchestervereinigung (DOV). Durch die neuen Streamingdienste sei die faire Entlohnung von Orchestermusikern im Zuge der Vermarktung von Aufnahmen oft nicht mehr gewährleistet.

Facility Manager als Alleskönner: Mehr Digitalisierung bedeutet mehr Rechenzentren, mehr Büros voller smarter Technik, mehr vernetzte Fabriken mit Robotern. Und wie sich diese Gebäude verändern, so verändert sich auch der Job der Facility Manager, die solche Gebäude betreuen. «So ein Rechenzentrum hat ganz andere Ansprüche an Sicherheit und Temperaturmanagement», erklärt Markus Lehmann, Vorstandsmitglied im Deutschen Verband für Facility Management (GEFMA). «Und in Büros wird zum Beispiel das Energiesparen immer wichtiger.»

Das alles sind Fachgebiete, mit denen sich Gebäudemanager in Zukunft auskennen müssen. «Man muss nicht alles so genau wissen wie ein Spezialist», sagt Lehmann. «Aber man muss die Technologien zumindest bedienen können.» Das gilt auch für Zukunftstechnologien wie BMI (Building Maintenance Information), die aktuell noch in den Kinderschuhen strecken. Dahinter verbergen sich virtuelle 3D-Modelle von Gebäuden mit allen wichtigen Bauplänen, die klassische Baupläne ersetzen und sich mit einer Virtual-Reality-Brille vielleicht sogar betreten lassen.

Fotocredits: Roland Weihrauch,CCV,Carmen Jaspersen,Sibylle Ostermann
(dpa/tmn)

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(dpa)